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Abschied von dieser Welt

Das Licht des abnehmenden Mondes spiegelte sich im Wasser und taucht die Landschaft in kaltes, bläuliches Licht. Er saß auf einem Felsen, am Rand des Flusses, dort wo er schon oft gesessen hatte und betrachtete die Landschaft um ihn herum.

An der Staumauer, die seine Blicke nach rechts begrenzte, waren drei von fünf Toren geöffnet und das Wassers schoß donnernd durch die Öffnungen. Im fahlen Licht verwandelte sich der Wald am anderen Ufer in ein schwarzes Schattenband, das den Fluß vom Himmel trennte und so weit reichte wie seine Augen dem Strom folgen konnte. Am Fuß des Felsens auf dem er saß, bildete der Fluß kleine Strudel und dort wo das Wasser über den Felsen floß der vor ihm im Fluß lag, bildete sich weißer Schaum auf den Wellenspitzen. Das Wasser war grünlich und ein bißchen trübe und im Stillen hatte er sich oft gedacht, daß er sich nur hineingleiten lassen müßte und alles wäre vorbei. Gleich würde er diese Welt für immer verlassen. Er dachte zurück an das was er auf dieser Welt erlebt und gesehen hatte, an die Menschen die hier lebten, an die Städte und an die Frau die er geliebt hatte. Seine Gedanken wanderten weit, weit weg und auch das kopfgroße Gebilde aus Keramik, daß über dem Fluß aus der Dunkelheit auftauchte und scheinbar ziellos herumirrt, störte seine Gedanken nicht. Es war die erste Sonde der Ranihn -- er wußte es würde nicht mehr lange dauern. Und während seine Gedanken weiter durch seine Erinnerungen wanderten, tauchten mehr und mehr Sonden aus dem Dunkel auf und führten über dem Fluß und der Umgebung ihren seltsamen Tanz.

Dann tauchte die Ranihn über dem dunklen Wald auf und kam lautlos näher bis sie wenige Meter über dem Wasser schwebend, zum Stillstand kam. Ihr großer Körper spiegelte sich silbrig im Fluß und verdeckte die Sterne. Aus dem Boden der Ranihn löste sich ein drei mal fünf Meter großes Rechteck und grünes Licht fiel durch die Öffnung auf den Fluß. Das Rechteck steuerte auf ihn zu und als es vor ihm hielt stand er auf, nahm seine Tasche und trat auf die Plattform. Lautlos wie sie gekommen war, kehrte sie an ihren Platz im Schiff zurück und nahm ihn mit sich in die Ranihn.

Es war kaum zu hören als die acht Reaktoren der Ranihn paarweise hochgefahren wurden, und hätte ein Mensch das Geschehen beobachtet, hätte er davon nichts bemerkt, denn die Ranihn lag unbeweglich und majestätisch über dem Fluß und nichts ließ auf das hektische Treiben schließen, daß in ihrem Inneren herrschte. Sie erzeugte jetzt mehr Energie als dieses Welt verbrauchen konnte. 20 Meter vor der Ranihn begann die Luft zu flimmern und dann entstand eine dunkelblau leuchtende Kugel die sich zu einem Ring auseinanderzog und durch den Ring hindurch, konnte man in eine Welt blicken die kein Mensch je gesehen hatte. Das Tor war kaum einen Meter groß, da schoß die erste Sonde hindurch und als es größer wurde konnte man dahinter Sterne leuchten sehen deren Licht diese Welt noch nicht erreicht hatte, und immer mehr der Sonden verschwanden im Tor, bis nur noch die Hälfte von ihnen zu sehen war. Dann setzte sich die Ranihn langsam in Bewegung und schob sich durch das Tor und dort wo sie die Grenzfläche zwischen den zwei Welten durchstieß, konnte man ein feines, blaues Band leuchten sehen. Nachdem sie das Tor passiert hatte, folgten ihr die restlichen Sonden und Sekunden bevor es kolabierte, hatte die Letzte diese Welt verlassen und das Tor verschwand im Nichts.

Als die Abfangjäger der Luftwaffe über den Fluß donnerten, spiegelte sich nur noch der abnehmende Mond im Wasser und taucht die Landschaft in kaltes, bläuliches Licht.


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M G Berberich · berberic@fmi.uni-passau.de · 1997-07-01