ProKimedO

E-Health- und Telemedizin-Konzept des Kindergesundheitsnetzwerkes Ostbayern

Überblick

Das Projekt ProKimedO widmete sich der Sicherstellung einer regionalen flächendeckenden Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im niederbayrischen Teil Ostbayerns. Da die kinderärztliche Versorgung im ländlichen Raum vor zunehmenden Herausforderungen steht, wie zum Beispiel einem Mangel an Fachärzten, Fluktuation von Assistenzärzten und zunehmende Spezialisierung innerhalb des Fachgebietes, muss ein besonderes Augenmerk auf die Herstellung und Gewährleistung eines inhaltlichen Betreuungskontinuums mittels eines abgestimmten transsektoralen und interprofessionellen Behandlungspfades innerhalb eines regionalen Kindergesundheitsnetzwerkes gelegt werden.

Vor diesem Hintergrund entwickelte die Universität Passau in direkter Kooperation mit der Kinderklinik Dritter Orden Passau und ihren Kooperationspartnern in der Telemedizin einen wichtigen Beitrag um mittel- und langfristig eine heimatnahe Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten. Mittels der Kombination von moderner Informations- und Kommunikationstechnologie wurden im E-Health Projekt ProKimedO folgende Ziele erreicht werden:

  1. Erstellen transsektoraler Behandlungspfade und Standards mit Augenmerk auf Nutzbarkeit in einem verteilten System
  2. Entwicklung einer transsektoralen Wissensdatenbank und Kommunikationsplattform inklusive Benutzerschnittstelle für medizinisches Personal (ProKimedO-SPP)
  3. ein Teleconsultingsystem

Eintwicklung von Leitlinien und Patientenpfaden

Leitlinien und Patientenpfade für die Kinder- und Jugendheilkunde, die sogenannten medizinischen Standards, dienen den Ärzten als Orientierung und leisten einen wichtigen Beitrag zu einer kontinuierlichen Verbesserung von Behandlungsprozessen und klinischen Abläufen. Dabei ist die Qualität der Standards von entscheidender Beteutung. Sie müssen zum einen knapp gehalten werden und somit übersichtlich und schnell erfassbar sein zum anderen aber sowohl ausführlich genug sein als auch den aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Es ist daher entscheidend, dass die Leitlinien und Patientenpfade eine einheitliche Struktur aufweisen und somit stets den selben, einfach wiederzuerkennenden, Aufbau besitzen. Dies ermöglicht es, die Standards später schnell und unkompliziert einzusetzen.

ProKimedO-SPP

Die ProKimedO-Standard-Prozedur-Plattform (ProKimedO-SPP) stellt medizinische Standards und Prozeduren über Computer-Netze verteilt zur Verfügung. Wissen kann dadurch einrichtungsintern oder, über das Internet zugänglich, einrichtungsübergreifend geteilt werden. Dadurch können besonders Ärzte im ländlichen Raum von dem aktuellen und spezialisierten Wissen einer großen Einrichtung wie einer Klinik oder medizinischen Fakultät profitieren. ProKimedO-SPP bietet neben der effizienten Verbreitung von Wissen auch ein Verwaltungssystem, das die Qualität, Aktualität und Richtigkeit der Standards und Prozeduren durch eine integrierte Kommunikationsplattform für die die Standards und Prozeduren verwaltenden Mediziner verbessert.

Aktuell steht ProKimedO den Mitarbeitern der Kinderklinik Passau und in Kürze auch den Partnern des Kinder- und Familiengesundheitsnetzwerk Ostbayern (KiGo) zur Verfügung.

ProKimedO-Teleconsoluting-System

Zur Unterstützung der Diskussion von Behandlungspfaden, Leitlinien und Wissensdatenbank wird zudem ein Teleconsulting-System integriert. Hierzu wird eine Ticket-basierte Kommunikationslösung realisiert, durch welche gezielt Fragestellungen zu einzelnen Punkten bearbeitet werden können.
Dabei kann jedem Kommunikationsfaden eine Kategorie sowie ein Status zugeordnet werden. Teilnehmer einer Diskussion erhalten die Möglichkeit, sich über neue Beiträge sowie Änderungen des Status per E-Mail informieren zu lassen. Ferner kann ein diskutiertes Thema als abgeschlossen gekennzeichnet werden.
Die integrierte Suchfunktion unterstützt den Anwender dabei, bereits gelöste Fragestellungen zu finden sowie Mehrfachdiskussionen zu vermeiden und dadurch die Effizienz bei der Problemlösung zu steigern.

ProKimedO-SPP

ProKimedO

Abbildung 1: Wissen eines Krankenhauses der Maximalversorgung wird durch ProKimedO-SSP mit niedergelassenen Ärzten oder medizinischen Versorgungszentren geteilt. Im Inneren des Krankenhauses ist der Qualitätssicherungsprozess oder Lebenszyklus eines Vorschlags zur Änderung eines medizinischen Standards oder Prozedur dargestellt.

Konzept

Die ProKimedO-Standard-Prozedur-Plattform (ProKimedO-SPP, P-SPP) stellt medizinische Standards  und Prozeduren  über Computer-Netze verteilt zur Verfügung. Dabei bietet P-SPP neben der effizienten Verbreitung von Wissen auch ein Verwaltungssystem, das die Qualität, Aktualität und Richtigkeit der Standards und Prozeduren durch eine integrierte Kommunikationsplattform für die die Standards und Prozeduren verwaltenden Mediziner verbessert.

Stand der Technik

Große medizinische Einrichtung (Klinik, medizinische Fakultät, etc.) verwalten medizinische Standards und Prozeduren, welche als Datei (meist im proprietärem  Word-Format) auf einem Dateiserver gespeichert sind. Medizinisches Personal kann innerhalb der Einrichtung auf diese zugreifen. Dadurch werden Diagnostik und Behandlung vereinheitlicht und Wissen wird geteilt. Wird in einem Standard oder einer Prozedur ein Fehler durch einen Mitarbeiter festgestellt, so wendet sich dieser an die für diesen Standard oder diese Prozedur verantwortlichen Mediziner, etwa in einem persönlichen Gespräch oder per E-Mail. Die verantwortlichen Mediziner entscheiden dann über eine mögliche Änderung des Standards oder der Prozedur. Steht der Zeitpunkt der Vidierung  eines Standards oder einer Prozedur an, so weist das Personal der Verwaltung (Sekretariat) die verantwortlichen Mediziner darauf hin.

Folgende Probleme treten hierbei auf:

  • Problem 1:    Verfügbarkeit der Standards und Prozeduren setzt Computersystem mit spezieller Software voraus
  • Problem 2:    Wissensverteilung ist auf Einrichtung beschränkt
  • Problem 3:    Standards oder Prozeduren können von Jedem verändert werden
  • Problem 4:    Zeitpunkt der Vidierung wird übersehen
  • Problem 5:    Durch Mitarbeiterfluktuation sind für Standards oder Prozeduren verantwortliche Mitarbeiter nicht mehr verfügbar, werden aber noch als solche geführt
  • Problem 6:    Persönliches Kommunikationsverhalten einzelner Mitarbeiter entscheidet über die Verbreitung von Wissen
  • Problem 7:    Mediziner werden über Änderungen nicht informiert, es wird lediglich der Standard geändert

Wissensverteilung

Innerhalb einer Einrichtung

ProKimedO-SPP ist eine verteilte Server-Client-Anwendung, die mittels eines Browsers benutzt wird. Dadurch ist ProKimedO-SPP auf einer Vielzahl von Geräten (PC, Mobiltelefon, Tablet, etc.) einsetzbar und benötigt als Infrastruktur nur eine Netzwerkverbindung und einen Browser. Damit sind die Standards und Prozeduren fast immer und fast überall leicht verfügbar (Problem 1).

Weltweit

Wird der ProKimedO-SPP-Server an das Internet angeschlossen, so können medizinische Standards und Prozeduren einer großen medizinischen Einrichtung (Klinik, medizinische Fakultät, etc.) anderen kleineren Einrichtungen (Praxis für Kinder, medizinisches Versorgungszentrum, etc.) oder Einzelpersonen (Kinderarzt, Eltern, etc.) zur Verfügung gestellt werden. Damit ist die Verbreitung von Wissen nicht mehr auf die Einrichtung beschränkt (Problem 2). Dadurch gelingt es den kleineren Einheiten, aktuelle Änderungen in medizinischen Standards umgehend in Diagnostik und Behandlung umzusetzen.

Von einem Anschluss des ProKimedO-SPP-Servers an das Internet profitiert auch das Personal der Einrichtung selbst, da dieses auch außerhalb der Einrichtung und außerhalb der Arbeitszeiten auf die Standards und Prozeduren zugreifen kann.

Verwaltungssystem

Benutzer und Rechte

ProKimedO-SPP ermöglicht es, Benutzer mit verschiedenen Zugriffsrechten zu verwalten und speziellen Medizinern die Verantwortung für Standards und Prozeduren zu übertragen. Dadurch ist gewährleistet, dass nur bestimmte Mediziner bestimmte Standards und Prozeduren ändern können. Eine versehentliche oder mutwillige Änderung durch für diesen Standard oder diese Prozedur nicht zuständige Personen ist dadurch ausgeschlossen (Problem 3).

ProKimedO-SPP unterstützt die Verwaltung dabei, die Übersicht darüber, welche Mediziner für welchen Standard oder welche Prozedur wann verantwortlich sind, zu behalten. Auch erinnert ProKimedO-SPP automatisch den verantwortlichen Mediziner an einen für jeden Standard oder jede Prozedur einzeln bestimmbaren Zeitpunkt der Vidierung (Problem 4). ProKimedO-SPP besitzt eine Benutzerverwaltung, so dass Standards oder Prozeduren immer einem verfügbaren Mitarbeiter zugeordnet sind und nicht verwaisen (Problem 5).

Kommunikationsplattform

Medizinische Standards und Prozeduren ändern sich laufend. Ein einzelner Mediziner ist kaum in der Lage in seinem Fachgebiet immer auf dem aktuellsten Stand zu sein. In einer großen medizinischen Einrichtung überwachen daher mehrere Mediziner unter Leitung von Experten (Ober- und Chefärzte) die Qualität, Aktualität und Richtigkeit der dort verfügbaren Standards und Prozeduren. ProKimedO-SPP kombiniert das Verwaltungssystem für die Standards und Prozeduren mit einer standardisierten Kommunikationsplattform. Dabei wurde die Kommunikation dahingehend standardisiert, dass Änderungsvorschläge für Standards und Prozeduren auf der Plattform für bestimmte Benutzergruppen einsehbar sind und kommentiert werden können. Dadurch werden die Kommunikation und die Gedankengänge, die zu einer Änderung führen, transparent und für andere Mediziner nachvollziehbar. Damit hängt das Verbreiten von Wissen nicht mehr von dem Kommunikationsverhalten eines einzelnen Mediziners ab (Problem 6). Des Weiteren können Mediziner in ProKimedO-SPP angegeben, in welchen Fachgebieten sie über Änderung in Standards und Prozeduren informiert werden wollen. Diese Mediziner werden dann umgehenden informiert (Problem 7). Auch werden für die Einrichtung jederzeit Änderungen in Standards und Prozeduren dokumentiert und archiviert. Dadurch wird die Qualität, Aktualität und Richtigkeit der Standards verbessert.

Abbildung 1 zeigt schematisch die standardisierte Kommunikation in ProKimedO-SPP. Benutzer mit bestimmten Rechten dürfen einen Änderungsvorschlag (Ticket) erstellen. Bis zur Veröffentlichung gehört der Änderungsvorschlag exklusiv und nicht öffentlich diesem Benutzer. Entschließt sich dieser, den Änderungsvorschlag zu veröffentlichen, so wird jener an den für die Krankheit verantwortlichen Mediziner der untersten Ebene weitergeleitet und veröffentlicht. Jeder Benutzer kann nun den Änderungsvorschlag kommentieren, jedoch nicht selbst verändern. Dies kann nur der verantwortliche Mediziner. Dadurch wird garantiert, dass nur bestimmte entsprechend qualifizierte und von der Leitung der Einrichtung bestimmten Personen während der Überprüfungsphase Änderungen im Standard oder der Prozedur vornehmen. Der für einen Standard oder Prozedur hauptverantwortliche Mediziner kann den Änderungsvorschlag in das Archiv verwerfen, speichern oder vidieren. Beim Speichern wird im Gegensatz zum Vidieren das Datum der letzten Vidierung eines Standards oder einer Prozedur nicht verändert.

Beispiel: Krankenpfleger Niedermeier entdeckt in einem Standard einen vermeintlichen Fehler. Er erstellt einen Änderungsvorschlag. Dieser ist zunächst nur von ihm selbst einsehbar. Herr Niedermeier studiert die nächsten Tage die einschlägige Literatur und verbessert nach und nach seinen Änderungsvorschlag. Er begründet seinen Änderungsvorschlag ausführlich mit Hilfe der Kommentarfunktion. Schließlich ist er mit seinem Änderungsvorschlag zufrieden und weist diesen dem für diesen Standard auf unterster Ebene verantwortlichen Assistenzart Dr. Untermeier zu. Dr. Untermeier studiert den Änderungsvorschlag und kann diesen nun in das Archiv verwerfen oder an den für diesen Standard hauptverantwortlichen Chefarzt Prof. Dr. Obermeier weiterleiten. Dr. Untermeier nimmt eine Korrektur vor, kommentiert diese und weist den Änderungsvorschlag Prof. Dr. Obermeier zu. Während jener am Änderungsvorschlag arbeitet, kommentieren weitere Mitarbeiter den Änderungsvorschlag. Prof. Dr. Obermeier hat nun die Möglichkeit, den Änderungsvorschlag in das Archiv zu verwerfen, ihn zurück zu Dr. Untermeier zu weisen, ihn zu speichern oder zu vidieren. Durch das Speichern oder Vidieren wird der Änderungsvorschlag zum neuen Standard und der alte Standard wird in das Archiv verworfen. Herr Niedermeier, Dr. Untermeier und alle Interessierten können durch die Kommentare verstehen, warum ein Standard geändert oder ein Änderungsvorschlag abgelehnt wurde.

ProKimedO-Teleconsoluting-System

Das ProKimedO-Teleconsoluting-System ist ein Teleconsoluting-System für medizinisches Personal.

Förderung

 gefördert durch Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

Projektpartner